03 | Ernüchterung

Welchen Glanz hatten meine Pläne
bis Kummer kam
– da verlor ich nicht nur meine Träume.
Es nützten weder Fragen,
noch schmerzerfülltes Klagen,
man liebte nur mein sonniges Gesicht.
Ich hatte hoffnungsvoll zu streben
und der dunkle Schatten,
der mich streifte,
wurde mir nicht vergeben.
Ich lernte die Engherzigkeit
der gewöhnlichen Menschen kennen
und auch die Wenigen zu schätzen,
die zu mir sich neigten,
als nur noch spärlich Licht verblieb.
Heute bin ich mir selber ein Zuhause.
Gehe täglich in mein Leben
und genieße auch die Rast,
versuche auszulöschen,
was mich so schwer verletzte
und haue durch die Alltagswerke
vom großen Klotz Brocken ab
bis sich das Neue formt
und die Erinnerung
dahinter endlich verblasst.

02 | Die Taten der Potentaten

Es gehen mich die Taten der Potentaten nichts mehr an.
Sie scheren sich ja auch nicht um mich.
Ob der Bettler im Staub liegt
– es rührt sie nicht.

Ob das Kind versehrt wird
– sie beachten es nicht.
Der Lohn für unsere Fron
ist höchstens Hohn.

Sie interessiert auch nicht,
dass unter ihrer Herrschaft Rohheit
zur Gepflogenheit wird
– dass Grausamkeit aus ihrer Saat gebiert.

Und doch, wenn sie mir bedeuten,
nach ihren Vorstellungen Dienst zu tun
und niemanden zu schonen,
werde ich wissen, wie ich ihre Bosheit
außer Kraft setzen kann.

01 | Zwischen den Elementen

Dort wo am Horizont der Himmel
das Meer sanft küßt,
rasteten wir in den Dünen.
Wir schlenderten von Ruheplatz zu Ruheplatz
und beobachteten das Glitzern auf dem Wasser.
Eine leichte Brise spielte mit unserem Haar
und die Wellen landeten rauschend an der Küste an.
Die Bäume begannen gerade erst, Ihr Laub zu entfalten
und das Mailicht Skandinaviens war süß.
Wie gerne möchte man ewig so verweilen,
aber wenn wir können,
kehren wir in diesen Frieden zurück.

145 | Erfahrungen

Wer nicht klug ist,
macht Erfahrungen.
An Heim und Herd
war ich nur Gast,
solang’s dem Hausherrn
hat gepaßt.
Ich wurde um den Lohn geprellt,
hinausgeschickt in Flur und Feld
mitten im Winter.
Die Starken nehmen’s
den Schwachen
und fühlen sich im Recht.
Für uns bleibt nur der Fluch
und hoffen, dass das Schicksal
eines Tages andere
eines Besseren belehrt.

143 | traumtrunken

Traumtrunken taumelten wir durch unsere Tage.
Leuchtend umfing uns des Frühlings Zauber.
Glitzernd reflektierten die Kräuselungen auf dem Fluß.
Mäandernd fanden wir unsere Pfade.

Strahlend fingerte das Licht durch
die aufgesprungenen Blattknospen
und erhellte den milden Abend.
Einvernehmlich hatten wir beschlossen,
dass man diese Stunden
schweigend geniessen muß.

maloche | dr. christian g. pätzold

maloche ist ein jiddisches wort
und bedeutet schwere körperliche arbeit
das problem mit der maloche ist
dass sie oft nicht da ist
wenn du geld brauchst
oder dass du etwas arbeiten musst
was nicht pc ist
oder dass du vollidioten als vorgesetzte hast
oder dass du ausgequetscht wirst
wie eine zitrone
um den extra-profit zu erhöhen
dann bist du so müde
dass du den rest des tages brauchst
um dich für den nächsten arbeitstag zu regenerieren
knochenjob
für ein leben bleibt keine zeit mehr
hier hast du keine luft zum atmen
die wahrscheinlichkeit ist groß
dass du als prekärer minijobber endest
in dieser gesellschaft wird es nichts
mit der sinnvollen arbeit
außer ihr schreibt politische gedichte
liebe malocher und malocherinnen
avanti popolo
alla riscossa
bandiera rossa trionfera!

© dr. christian g. pätzold, april 2023.
www.kuhlewampe.net
(Nicht von Chat GPT oder KI geschrieben)

142 | Wir waren…

Wir waren Jäger, Hirten, Zimmerleute und Bäuerinnen.
Wir waren Fischer, Boten, Wäscherinnen und Mägde.
Wir waren Bettler, Köche, Melker, Köhler, Stahlkocher,
Torfstecher, Weber, Tagelöhner, Matrosen
und tranken durstig den Krug
mit Wasser in einem Zug.
Man hat uns im Krieg
und im Frieden geschunden
und ebenso wenig geschont,
wie das Vieh.
Wir bauten die Tempel, die Gräber und Paläste,
doch unsere Namen sind getilgt.
70er Jahre Treppenhaus...

.

141 | Weggefährten

Dankt Euch für all die wohlgesagten Worte
und das Geleit auf meinem Weg.
Auch Ihr tragt schwer an Euren Lasten
und habt doch Freundschaft mit mir gepflegt.

So selten, wie diese kostbare Gabe,
so tröstlich ist sie auch
und keine noch so große Liebe,
gab mir solche Treue, wie Eure Güte
mit der Ihr mich erfreut
und die des Lebens Sahnehaube,
wenn man des Sturmes Strandgut
vom Meersaum neuerlich aufklaubt.

140 | Spuren

Bin ein knorriges Stück Holz
– keine biegsame junge Gerte.
Zeit und Witterung haben mich geformt
und meine Knoten erzählen Geschichte.

Erinnerungen an die jungen Tage
sind tief unter den Furchen verschlossen,
berühre ich die frühjahrsfeuchte Erde
brechen sie durch in frischen, grünen Sprossen.

Legst Du auch an Deine Axt,
was ich berge, kannst Du nicht vernichten.
In mir lebt eine Kraft,
die kann von Blütenträumen und Winterschlaf
im Wechsel Jahr auf Jahr berichten.