Die Tage sind wolkenverhangen vergangen,
seitdem wir genüßlich unser Eis verschlangen.
Du machtest Deine Gegeneinladung zum Essen
bisher nicht wahr.
Ich überlege – wie können wir zueinander gelangen?
Wie streife ich den weissen Kalk aus meinem Haar?
Haben wir den rechten Zeitpunkt vergessen?
Ist ein so unterschiedliches Paar
nicht füreinander gemacht?
„Guten Tag, wie geht es Dir?“
„Danke Dir, was soll ich sagen?
Doch – es geht mir gut.
Es ereignet sich nicht viel
und ich will nicht klagen.
Sage mir bitte, was machst Du?“
„Vielen Dank, ich mäandre durch die Tage,
türme Sehnsucht
und hoffe, dass das Leben
um die Ecke lunst.“
„Laß uns doch im Kontakt bleiben.
Mit einer gemeinsamen Stunde
Zeit vertreiben.
Bis zum nächsten Mal, bleib gesund.“
144 | Wieder
Mein Liebster
flüstere wieder
zarte Worte der Innigkeit
in mein Ohr.
Geliebter
bringe wieder
hauchfeine Lächeln
auf unseren
Gesichtern hervor.
Meine Lieber
singe uns wieder
sanfte Lieder,
die perlen,
wie gereiht
auf einer Schnur.
Ach, vertreibe mir
die Müdigkeit
des Überdrusses
nur
und lass‘ uns
wieder schweben.
Üppig duftet der violette Flieder.
Die Frühjahrssonne strahlt wieder
vom hochgewölbten Himmel hernieder.
Glänzend beginnt ein neuer Tag.
Obwohl ich – ich gebe es zu –
viel mehr Lust auf Regen hab’.
Helios löst die schmerzenden Glieder.
So verfasse ich neue jahreszeitliche Lieder,
doch angemessener wäre
ein schwelgender Trauermarsch.
92 | Locken
Wie verlockend lockte das Lächeln
in Deinem rotlockig gerahmten Gesicht.
Widmete Dir gebannt meine Aufmerksamkeit
und das eine oder andere Gedicht.
Wie hold und jung tanztest Du mit mir
über den kargen, langen Korridor.
Wir hielten im einströmenden, hellen Licht
der Sonne den Atem an – in jenem Flur.
Du schenktest den Tagen
frohen Zauber und strahlenden Glanz
bevor Du wieder fortzogst
von diesem öden Gang.
Ich suchte auf dem Linoleum
noch lange einen Abdruck Deiner Spur.
Sprache und die in ihr ausgedrückten Gedanken
fügt Leben zu Sinn zusammen.
Sie faßt unverbundene Betrachtungen
zu einer Melodie und ahmt
mit ihren Klängen malend
Bilder zu verdichteten Epen.
Manchmal liegen ihre Farben
in schroffen Kontrasten,
ein anderes Mal in wärmender Harmonie.
Sie hilft mit beissendem Spott
und gutmütiger Ironie.
Wir durchstreifen mit ihr die Leere
und erschaffen Gebilde
von schillerndem Glanz.
Sie ist in einer bewegten Welt
ein Zuhause, das unsere Geschichte enthält.
Mit ihrem Feinsinn vertilgt sie elegant
wüste Öde und dumpfe Ignoranz.
Du trägst seit einer langen Weile
Deinen finsteren Scheinwerfer
an einem anderen Ort.
Ich sollte mich sputen,
doch noch erhoffe
ich mir mehr von meinen Träumen.
Ich besitze im Gedanken an Dich
eine Wunderlampe,
denn mit ihm schenke ich mir Glanz
in das trübe Tageslicht.
So weiche ich seinem Bellen aus.
Es ist etwas an dem ich mich
im Taumel der Unlust festhalten kann.
Wider alle Einsicht, fülle ich den Tag
noch einmal mit Deinem Zauber und
seinen Beschwörungen aus.
Ich sitze an einem Tisch
vor der Kneipe
während ich mir Nico und Enricos
Kunstwerk anschau
und wünschte, ich köpfte
ganz einfach
das namenlose Ungeheuer
das auf mich zukriecht
mit den Waffen einer Frau.
Die Gastfreundschaft der Nomaden
erfreute mich schon oft.
Ich lud sie in mein Zelt ein
und war bei ihnen zu Gast.
In sternenklaren, frostkalten Nächten,
ob es Tee oder Hunger war,
was wir teilten,
– wir tauschten höflich Geschichten,
die manchmal gut dagegen waren.
Am Morgen in der Wüste,
denke ich an die Oasen
auf meinem staubigen Weg.
Ich pflücke eine Feder
vom Daunenkissen
und stecke sie in mein Haar,
greife nach der Uhr,
die neben dem Bett
auf dem Hocker liegt,
während meine Gedanken
bei einem entfernten Wanderer sind
und hoffe, dass er unsere Hochzeit
morgen nicht versäumt.
Aufwachen.
Schlaf aus den Augenwinkeln kratzen.
Kaffee kochen.
Laptop aufklappen.
Nachrichten von Freunden betrachten.
Mit unserem Glück
und dem abrupten Ende befassen.
Diese Gedanken wieder loslassen.
Schwarzes Gebräu in einer goldgrünen Tasse.
Seufzer in den Himmel stossen.
Einen Riesennachtfalter an die Wand geklebt
in der Ecke unter der Zimmerdecke entdecken.
Der Bitternis des Getränks nachschmecken.
Im Schwingstuhl nervös vor und zurück wiegen.
Die Aufgaben laß ich noch ein bißchen liegen.
Werde die Zeit noch etwas umbiegen
und die Stunden, bis ich etwas Produktives schaffe,
unendlich in die Länge ziehen.
02 | Spielbein
Ich suche beharrlich jede List,
damit Du bald für ewig
mein Geliebter und Gefangener bist.
Ich überbrücke spielend alle raumzeitliche Kluft,
weil ich ihn so dringend wieder atmen muß
– Deinen kostbaren, Dir so eigenen Duft.
Mich hält kein Zweifel mehr zurück,
der mich entfernen könnte
von unserem Glück.
Ich fasse Mut mit jedem Tag
und geh voran – ganz unverzagt,
bis Du mir wieder zärtlich dumme Dinge sagst.
Das kann ich nur,
weil ich mich nicht mehr frag,
ob es richtig war,
dass ich Dich
trotz Deines bewußten, grübchen-gestützen Charmes,
so lieb gewonnen hab.
03 | Schutzhütte
In meinem windschiefen Haus aus
Phantasie
schöpfe ich mich aus.
Es gibt darin eine endlos verfügbare Zimmerflucht
aus Lust, Leidenschaft und Spiel.
Davor trägt dieser fantastische Zauberpalast
einen großzügigen, himmelragenden Balkon
für Poesie, Klang, Musik und Ton
unter dem elfenbeinschimmernden Perlmuttmond,
der hoch am sommerlichen Firmament
darüber wohnt.
Da sagt man mir nie,
Du willst zuviel.
Da ist das Viele
ganz und gar
das höchste aller Ziele.
Dort bin ich beschützt
und kenne keine Gefahr,
– denn dazu ist meine Phantasie ja da.