Mir ist die Stadt zur zweiten Natur geworden. In dieser Wirklichkeit aus Stein und Zementputz bin ich zuhaus. Ich entdecke schräge Vögel – zu denen ich mich selbst wohl auch rechnen muß – grüße meine Nachbarn und genieße meine Einsamkeit unter Millionen. Hier, in aller kostbaren Abgeschiedenheit, habe ich die schönsten Erinnerungen zusammengetragen und manche Weggefährten kennengelernt. Von romantischer Sehnsucht ergriffen, betrachtete ich das Bild des Mondes in einer Pfütze, das pointillistische Frühjahrsgrün und Herbstlaub der Strassenbäume, erklomm die steilen Stiegen verwitterter Häuser und verschaffte mir Aus- und Einblicke von ihren höchsten Türmen und in dunklen Schluchten. Kathartisch geläutert durch die Teilnahmslosigkeit der Passanten und die Härte meiner Zeitgenossen, legte ich den überwiegenden Teil sentimentaler Anschauungen ab. – Wenn ich auch zugeben muß, dass ein nicht unerheblicher Rest verblieb. – In dieser historisch gewachsenen künstlichen Welt blicke ich auf die Kunstwelt und ihre bearbeitete Natur und möchte sie nicht missen, diese auferstehenden und zeitgenössischen Schatzritterinnen der Lakonie. Hier sind Fremde zwar nicht willkommen, aber immerhin stoisch geduldet. Ich fürchte den Tag an dem man mich zu ihren Toren hinauswirft, weil ich ein Fossil bin, dass sich ein Bleiberecht wünscht, ohne den geforderten monetären Sold erbringen zu können. Und so ist die Gegenwart von der Melancholie des vorausgesehenen Abschieds und den Befürchtungen einer weit unwirtlicheren Zukunft getragen. Möge “Wir-bleiben-alle” der – langfristig eher unwahrscheinliche – Erfolg beschieden sein.