#Intelligenz, die überschätzte Grösse

Wer in der letzten Woche Scobel auf 3SAT verfolgt hat, der konnte bei den Thesen die Elsbeth Stern zur Bedeutung der Intelligenz vertreten hat und ihren Forderungen, die sie daraus für die Schulbildung ableitete, nur den Kopf schütteln. Erstaunlich war, dass Herr Scobel auch nicht durch gezieltes, kritisches Nachfragen in der Diskussion auffiel. Der Höhepunkt ihrer Thesen war, dass sie sich zu der Aussage verstieg, die Schule müsse den Kindern in erster Linie Rechnen, Lesen und Schreiben beibringen, alles andere sei nicht lebensnotwendig. Allerdings muß ich zu ihrer Verteidigung hinzufügen, dass sie auch forderte, dass auch zu einem selbstständigen, kreativen und kritischschlußfolgerndem Geist erzogen werden solle, bzw. dies mit zur Schulbildung zu gehören habe. Mit ihrer einseitigen Einschätzung zu Bedeutung der Intelligenz als Faktor für ein gelingendes Leben und den Erfolg in und für eine Gesellschaft, steht Frau Stern leider nicht allein da. Dahinter steht ein äußerst verkürztes und technokratisches Bild von Persönlichkeit und gesellschaftlichem Erfolg oder Erfolg in der Gesellschaft und einer Gesellschaft.
Als erstes möchte ich fragen, was ist überhaupt Erfolg? Was ist ein gelungenes Leben? Erfolg kann nur aus der Perspektive der Ziele, des einzelnen oder der Gesellschaft, betrachtet werden. Wenn ich in einer menschlichen Welt leben möchte, in der Liebe, Solidarität und Mitmenschlichkeit, gegenseitiger Respekt und Achtung voreinander und der Umwelt und den Mitgeschöpfen verwirklicht sind oder werden sollen, welchen Erfolg sehe ich dann verwirklicht? Bin ich, weil ich vielleicht genau daran leide, dass ich dies so wenig verwirklicht sehe, gescheitert? Wie setzen wir unsere Intelligenz ein, konstruktiv oder destruktiv? Eine solidarische Gesellschaft, die getragen ist von hoher Ethik und frei von Diskriminierung und Ausgrenzung, das wäre ein erstrebenwerter Erfolg, dafür kann sich ein Mensch unter Umständen sein Leben lang einsetzen, ohne sein Ziel zu erreichen, dies für alle Geschöpfe zu verwirklichen. Wäre er dann gescheitert und erfolglos, wenn ihm das in seinem Leben nicht gelänge, er aber in dem Streben nicht nachliesse? Im Allgemeinen gelten Menschen als erfolglos und gescheitert, wenn sie keine Karriere machen. Die Faschisten haben wohlgeplant und äußerst effizient in fabrikmäßiger Weise millionenfach gemordet. Viele der Täter waren dabei gesellschaftlich erfolgreich und geachtet. Waren das gelungene Leben? – Hängt Gelingen also nicht von ganz anderen Faktoren ab, als allein Intelligenz? Und wäre dann ein Leben ohne einen durchschnittlichen IQ zum Scheitern verurteilt? Wenn das so wäre, wäre das nicht ein Ausdruck des Scheiterns des Individuums, sondern der Gesellschaft. Intelligenz ist in meinen Augen ein Bonus, nicht der entscheidende Faktor für ein gelingendes Leben. Im besten Fall ist Intelligenz, die Verpflichtung, ein Leben im Bewußtsein der sozialen Verantwortung zu führen, die jeder, ober er/sie intelligent sei oder nicht intelligent sei, hat.
Viel wichtiger als Intelligenz sind übrigens Weisheit und Klugheit, die hängen tatsächlich nicht immer vom IQ ab und lassen sich gewiss nicht vererben, nur erwerben und entwickeln. Die gute Nachricht ist, – es gibt keine Ausrede, ob intelligent oder weniger intelligent, jedem kann Leben gelingen, also mach’ was draus! Und beherzige dabei – Gelingen kann durchaus auch bedeuten, ohne gesellschaftliche Würden auskommen zu müssen.

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