Nichts veranlaßte sie aufzustehen, selbst wenn der März sein fröhliches Frühlingslicht durch die trüben Fensterscheiben ihres Schlafzimmers schicken mochte. Sie zog die Mundwinkel herab und versuchte etwas zu denken, das ihr heraushelfen würde aus dem Überdruß. Schlechtgelaunt grübelte sie über ihre Optionen in der nächsten Zeit nach. Sie würde sich wieder verausgaben müssen. Diesmal in drei Schichten. Und konnte noch froh sein, dass sie etwas gefunden hatte, das mehr als den Mindestlohn brachte. Sie wußte, dass es ihr besser gehen würde, sobald sie wieder in Bewegung war. Was wäre auch die Alternative gewesen? Von der Hand in den Mund zu leben und 24/7 Wortkitsch zu produzieren, der letztlich eine Handvoll interessierte? Noch eine Liebesschmonzette, noch ein Frühlingseloge? Ja, verdammt nochmal, die Krokusse streckten wieder ihre Blüten dem Blau des Himmels entgegen, doch sie war längst in der Menopause angelangt. Sie ging zum Tiefkühlschrank in der Küche, den sie sich im letzten Jahr von ihrem Gehalt gekauft hatte, nahm das Vanilleeis heraus und füllte sich eine Portion in eine kleine Schale. Das Gerät hatte sie in erster Linie erworben, um ihre Wollpullover vor Mottenfraß zu retten. Immerhin dies war auch geglückt. Auch die schönen Reisen im selben Jahr hatten zu einer vorübergehenden Zufriedenheit beigetragen. Doch nun schien das Kommende in erster Linie Mühsal zu sein. Daß die Kriegstrommeln immer lauter geschlagen wurden, machte es nicht besser. Daß, wer für sein Brot sorgen mußte, verachtet wurde und es nur unter Aufwendung aller Kräfte vollbrachte, ebensowenig. Ja, sie mußte wohl eine schreckliche Idiotin sein, weil sie in ihrem Alter so schubbern mußte. Andererseits konnte sie sich glücklich schätzen, dass ihre Gesundheit es zuließ. Mit Zorn bemerkte sie den dumpfen Schmerz unter ihrem Solarplexus. Sie hatte nicht vor, sich untersuchen zu lassen. Ihre Blutwerte waren hervorragend, noch einmal würde sie sich keinem Krankenhaus ausliefern. Das alles war sicher nur ein Ausdruck ihrer inneren Konflikte, ihrer Unlust, ihrem Wunsch nach sorgloser Leichtigkeit und ihrem Widerwillen gegen die tatsächlichen Gegebenheiten.